Alle fahren nach London, Paris oder Rom, wir fahren nach Athen. Warum denn das? Weil es im Mai schon warm genug ist, die alte Antike beeindruckt und ich ein paar Tage dem Alltag entfliehen will ohne zu weit zu reisen. Spontan und mal wieder viel zu spät gebucht, machen wir uns als Mutter-Tochter-Gespann auf den Weg.
Wir landen leider mit Verspätung nach 2,5 Stunden Flug aus Berlin am späten Nachmittag am Athener Flughafen mit vielen Fluggästen, die gut gelaunt sind..Stavros, unser vorher gebuchter Taxifahrer, wartet dennoch freudig am Ausgang und erzählt schwärmend bei der gut 45 Minuten dauernden Fahrt von "seiner " Stadt Athen. Während er berichtet, hole ich meinen Reisenotizblock heraus, auf dem ich mir immer aufschreibe, was ich sehen und erleben will, wenn ich an einen Ort fahre und er schmunzelt, als er den Block sieht und meint:" typical German...":-)
Stavro´s Idee für den ersten Abend passt auch zu meiner und nachdem er uns am Hotel absetzt und sich verabschiedet wünscht er uns " Kali Chronia" - ein " schönes Wochenende"!
Wir schlafen im Radisson Blu Park Hotel und meine 11 jährige freut sich im Vorfeld auf den Roof Top Pool, wir erfahren aber an der Rezeption dass genau dieser wegen Umbauarbeiten gesperrt ist! Also erstmal Sachen ausgepackt und dann, um die Stimmung zu heben, lecker essen gehen.
Wir sind im Stadtzentrum untergekommen und torkeln erstmal durch die naheliegenden Straßen um an einem kleinen Restaurant stehen zu bleiben, wo mein Mädchen in der Vitrine "Lahmacun"-türkische Pizza entdeckt. Und da kann man ja nicht nein sagen..
Im "Hayat" - türkisch für " das Leben" gibts rustikales griechisch-türkisches Essen...wir können also gar nicht widerstehen und so legt sich jeder schnell fest, was es zu Essen gebe soll!
Betrieben von einer urigen Griechin, die mit einem Türken verheiratet ist, gibts einen großen Teller "Manti"-türkische Teigtaschen für mich, gefüllt mit Hackfleisch und ertränkt in Joghurt- Knoblauchsauce und für mein Pubertier warm-fleischig duftende Lahmacun..
Ich kann mit dem Essen die Stimmung meiner Tochter wegen der "Pool-Pleite" heben und so fragt Sie mich, was wir nun erleben werden am ersten Abend..Lass dich überraschen und komm mit!
Dank Google Maps erübrigt sich die erste Orientierungslosigkeit in einer fremden Stadt wie Athen. Ich bin auch froh dass die Straßenschilder nicht nur auf Griechisch sondern auch in lateinischer Schrift verfasst sind ( was ein Detail, worüber man gar nicht nachdenkt im Vorfeld).Durch die doch erstmal befremdlichen Gassen geht es bergauf. Mein Ziel ist der Lycabettus Hügel!
Der Hügel liegt in der Mitte Athens und Stavros ( ach da war ja noch der Taxifahrer) meinte, er sei der ideale Aussichtspunkt für jede Stadttour. Verfehlen könne man ihn nicht meint er noch lachend, denn sobald man den Kopf hebe, ragt der bewaldete Fels über die Stadt. Ich entdecke den Hinweis im Internet, dass es eine Seilbahn auf den Berg gibt und überlege noch der heranwachsenden Teenagern neben mir diese Info nicht zukommen zu lassen, weil ich weiss dass sie statt den Weg durch die Ruhe zu geniessen , lieber den kürzeren Weg wählen wird, aber nun ja: erster Abend, ich will mal nicht so sein.
Für 10 Euro pro Person fahren wir also per Seilbahn nach oben, gönnen uns nen Mocktail an ner Bar, die oben angesiedelt ist und klettern die letzten Meter mit reichlich vielen anderen Touristen, auf die Aussichtsplattform.
Athen imponiert wie ein Meer aus weissen Legosteinen und ich erkenne erst, wie groß die Stadt ist. Wir warten auf den Sonnenuntergang, der sich phänomenalst zeigt und auf dem Rückweg schweigen wir vor uns hin und geniessen die abendliche Wärme und ich merke in mir dieses wohlige Gefühl des ersten Erlebnisses und die Freude auf den nächsten Tag.
Nach meinem morgendlichen Besuch im Fitnessstudio und nem griechischen Frühstück mit Oliven, Käse und Tomaten, gehts zielsicher zur Akropolis. Ich habe mich für die öffentlichen Verkehrsmittel entschieden, das 24 Stunden-Ticket kostet pro Person 4,10 Euro und sowohl das Bus wie auch Bahnnetz ist super ausgebaut und wirklich empfehlenswert, weil kurze Taklungen sind und auch das System einfach und verständlich ist für Touristen.
Die Akropolis beschreibt eine Stadtfestung im alten Griechenland, das Hauptgebäude, was alle erreichen wollen AUF der Akropolis ist das "Parthenon" . Auf dem Weg nach oben begegnen wir anderen Tempelanlagen und eines wird mir ziemlich schnell klar: für die frühe Tageszeit ( gegen 10:30 Uhr) sind verdammt viele andere Touristen auch unterwegs zum Parthenon. Es wird also doch ein Geduldsspiel, zwischen vielen Franzosen, Amerikanern und Chinesen sich hochzuzwängen, zu warten aber dann vor dem spektakulären Parthenon zu stehen! Der Wind weht, es ist warm und viele Handykamers versuchen nicht nur DAS Bild vor den sich aktuell in Restauration befindenden Relikten des Tempels für die Stadtgöttin Athena zu machen, sondern auch die Aussicht auf die gesamte Stadt festzuhalten. Aufm langsamen Abstieg gönnen wir uns ne zuckersüsse Zitronenlimonade um Kraft zu tanken für weiteres Sightseeing!Oh das ist definitiv eine Erinnerung ,dieses imposante Wunderwerk der Antike mal in live gesehen zu haben!
Mit der Metro und dem Bus kämpfen wir uns einmal durch den vollen Samstagsmittagsverkehr durch Athen zum Panathinaiko Stadion! Als Läuferin ist das ein Pflichtprogramm, denn hier endet immer der Athen Marathon und stellt das Ende der ursprünglichen Marathonstrecke dar.Ausgestattet mit Audioguide bekommen wir in ca 40 Minuten eine ausführliche, sehr informative Erklärung, was es mit dem Stadion auf sich hat. Ich kämpfe mich, mittlerweile in der heissen Mittagssonne, einmal über die hohen Marmorstufen auf die Oberste Etage um ein Foto zu machen! Und während ich dies tue, kommt mir in den Sinn, dass ich während der Taxifahrt mit Stavros ein Schild gesehen hatte mit der Streckenkilometerzahl der klassischen Marathonroute ( es war km 36!). Also frag ich mich, wo ist das Schild von km 42?.Das Sicherheitspersonal am Einlass wird natürlich interviewt, aber sie gucken mich selber fragend an. Die Google Suche ergibt auch nichts hinweisendes und während wir uns was Süßes zum Naschen am Kiosk kaufen, komme ich mit dem Kioskbesitzer Vasilli ins Gespräch , der zumindest mit einer Idee um die Ecke kommt. Da er seit 10 Jahren täglich in seinem Kiosk sitzt, weiss er genau, aus welcher Richtung, die Läufer ins Ziel im Stadion einlaufen. "Geht doch in Richtung Regierungspalast,evtl findet ihr dort das Schild , welches Ihr sucht".
Ich weiss nicht, wie viel Zeit wir gebraucht haben und wie weit wir de facto gelaufen sind, aber das Schild mit km 42 oder 41 haben wir leider nicht entdeckt, dafür haben wir uns wie verrückt gefreut, das Schild mit km 40 gefunden zu haben!!Ich habe es mir auch nicht nehmen lassen, nochmal zu Vasili zurückzugehen und ihm das Foto zu zeigen und er hat sich für uns total gefreut, sich meine Mailadresse notiert und wird mir vielleicht zum nächsten Athenmarathon ein Bild vom aufgestellten km 42 zusenden-hat er mir versprochen:-)
Wie so oft ist der Zufall auf unseren Reisen ein guter Begleiter. In Athen hat er uns zur rechten Zeit an den richtigen Ort geführt, sonst hätten wir ihn verpasst – den Wachwechsel auf dem Syntagma Platz! Der “Platz der Verfassung” in Athen ist ein so geschichtsträchtiger Ort, den man würdigen sollte. Hier fanden Revolutionen und Protest-Aktionen statt, Staatsbesuche und Trauerfeiern werden hier abgehalten. Vor dem Alten Schloss, dem heutigen Parlamentssitz, befindet sich das Grabmal des Unbekannten Soldaten. Hier findet täglich zur vollen Stunde die Wachablösung statt und wir waren gerade noch rechtzeitig da, um einen Teil davon mitzuerleben.Begleitet von einem Soldaten waren Wachsoldaten der ehemaligen königlichen Leibgarde – die Evzonen – gerade dabei ihren stündlichen Wechsel durchzuführen. Sie tragen dabei eine tolle Uniform, die mich sofort an das traditionelle Griechenland erinnerte. Die kiltähnlichen Kleidungsstücke haben eine lange Tradition und sind handgefertigt. Sie haben 400 Falten, die als Symbol für die 400 jährige Besatzungszeit der Türken gelten. Besonders gefallen mir die Schuhe. Sie haben einen schwarzen Pompon auf der Oberseite und die Sohle wird mit 60 Nägeln fixiert. Mit etwa 3 kg ist dieser Schuh echt schwer.
Dann setzt aber auch unendlicher Hunger ein und wir ziehen der Nase nach weiter in Richtung Touristenviertel Monastiraki um nen großen Teller "typisch griechisches Gyros " zu essen, yummy!!!
Den Stadtteil Monastiraki finde ich vor allem in der Ermoustrasse sehr touristisch und wir halten uns zwischen vielen Souvenirs wirklich nur kurz auf um dann in Richtung Zentralmarkt weiterzuziehen. Es ist nichts besonderes sich überteuerte Fake Handtaschen anzusehen:-)
Im Stadtteil , in dem sich der Zentralmarkt befindet, wuselt es vor Street Art und jeder der mich kennt, weiss um mein Faible und Interesse dafür. Aber heute soll es nicht um Street Art gehen. Von einem berühmten habe ich dennoch ein Foto gemacht. Zu sehen ist der Hund Loukanikos. Er war bei den Unruhen aufgrund der Finanzkrise von 2008 bis 2009 in Athen immer an vorderster Front, vor den Demonstranten, zu finden.
Als er 2014, vermutlich auf Grund der bei den Unruhen eingeatmeten Chemikalien starb, setzten ihm die drei Athener Streetart-Künstler, Vasilis Griparis, Alex Martinez und N-Grams, mit ihrem Graffiti im Zentrum von Athen ein Denkmal.
Die Markthallen versinken auch Nachmittags noch in einem Menschgewusel, die Einwohner kaufen ihren täglichen Bedarf und es duftet nach frisch gefangenem Fisch:-) Es gibt mehrere Hallen mit Fleisch, Fisch, Gemüse und Gewürzen. Uns war nur nach dem unangenehmen Fischgeruch eher Lust auf was Süsses gekommen!
Also geht es mit der Metro zum Omonia Platz.Dort ist eine Empfehlung vom Tamina Kallert vom WDR TV Format "Wunderschön", was ich aufgeschnappt habe beim Gucken der Sendung. In solchen Läden kaufen Athener ihren Joghurt in kleinen Eimern, aber man kann auch herrlichen Joghurt mit Honig und Nüssen verputzen!
Den zweiten Abend schliessen wir wieder mit einem Sonnuntergangsblick über Athen ab, dieses mal am Philopappos Hügel , den man wunderbar hochlaufen kann und nahe der Akropolis liegt auf die man dann auch einen Wahnsinnblick hat sowie wieder auf die ganze Stadt.
Beseelt mit einem späten Baklava im Bauch liegen wir beide im Bett und sind platt von den vielen Eindrücken, der Sonne und freuen uns auf einen nächsten Ausflugstag.
Nach dem Frühstück kommt wie gewohnt die Frage meiner Tochter: "Was erleben wir heute?"
Direkt vor dem Hotel springen wir ins Taxi und ich sage zum Fahrer ab zum "Beach" und ich merke aus dem Augenwinkel, dass das kleine Mädel neben mir strahlt. Und so baue ich statt mehr Sightseeing einen Strandtag ein, den wir in vollen Zügen geniessen. Nach 30 Minuten Fahrt erreichen die Athener Großstädter das Meer und überall gibt es öffentliche Strände und wir haben das Gefühl das jeder die Auszeit aus dem Gewusel der Großstadt braucht und geniesst.
Wie laufen Strandtage bei uns ab? Nicht anders wie bei anderen, Strandspaziergänge sind ein Muss und da das Mittelmeer schon aufgewärmt wirkt, muss Baden drinnen sein. Mit Mocktails ,leckrem Essen ( bester Fisch und Greek Salat ever) gehts gemütlich zurück ins Hotel!
Da Athen nur ein Kurztrip war, ziehe ich dieses Mal ein anderes Resümee wie sonst: auch sonst sind es häufig Kurztrips, die ich mache, ansonsten aber definitiv mit mehr Programm. Ich hebe mir einiges auf für einen zweiten Besuch ( und dabei fahre ich selten nochmal an einen Ort, an dem ich schon einmal war).
Ok, vielleicht ist Athen nicht so ein Gesamtkunstwerk wie Rom oder so megacool wie London. Athen hat Ecken und Kanten, sie hat hässliche Ecken und wunderschöne Gassen, schnuckelige Plätze und extrem viel Kultur. Etwas was ich weder fotodokumentarisch noch in meinem Obigen text festhalten wollte, sind die Zeichen der Finanzkrise. Natürlich sieht man der Stadt an, dass sie in den letzten Jahren gelitten hat. Geschäfte stehen leer, viele Häuser sind zu verkaufen und die Zahl der Bettler ist gestiegen. Doch Athen hat Charakter, hier spüren wir die mediterrane Lebensfreude (allen Umständen zum Trotz). Nach Rom fahre ich nicht noch einmal, aber Athen, ich komme nochmal wieder:-)
Antio Athen!
Super Beitrag,schön zu lesen und macht Lust mal hinzufahren!