Kontraste – das ist so ein Stichwort, das gerne verwendet wird, wenn wir fremde Länder und Kulturen beschreiben. So sehr manchmal der Begriff an der Realität scheitert, so sehr passt er zu den Vereinigten Arabischen Emiraten. Meine Rundreise über Weihnachten- Silvester 2021/22 sollte hier starten und hat Sie enthüllt: auf der einen Seite eine vergleichsweise traditionelle Gesellschaft, deren Mitglieder trotz aller äußerlichen Veränderungen ihre Wurzeln als Nomaden, Beduinen oder Perlenfischer nicht vergessen haben, auf der anderen Seite eine junge Generation von Emiratis, die hoch gebildet, global orientiert und mehrsprachig ist. Hier die Weiten der Wüste, die Jagd mit den Falken, die Wertschätzung für Kamele, dort urbane Zukunftsentwürfe, die sich nicht mehr durch Erdöl, sondern durch nachhaltige Energien speisen, Mega-Shopping-Malls und tiefgekühlte Skiarenen. Die Liste ließe sich beliebig in den Emiraten fortsetzen. Und das macht den Reiz der Emirate aus: Hat man sich erst einmal auf eine Meinung festgelegt, wird sie garantiert an der nächste Hochhausecke relativiert.
Der Flug von Frankfurt nach Dubai ist mit 6 Stunden und dank Emirates ( ich liebe das Essen, das Entertainment und die Stewardessen sind bildhübsch) sowie dem A380 auch in der Economy Class gut abzusitzen und schon der Anflug nach Dubai International Airport ist dank der Skyline von Dubai spektakulär. Bei Tageslicht und hoffentlich klarem Wetter, kann man schon den Burj Khalifa als aktuell höchstes Gebäude der Welt erblicken.Aber dazu später mehr....
Nach Landung in Dubai und erstmal der Suche nach meinem Reiseleiter Ali und der Gruppe, geht es per Bus nach Abu Dhabi. Die Fahrt dauert ca. 1,5 Stunden und ist bereits mit der Sicht aus dem Bus ein guter Startausblick auf das , was die nächsten Tage kommen soll. In Windeseile rauschen wir über eine riesige mehrspurige Autobahn ( natürlich von Ferraris, Maseratis etc überholt) und lassen erst einmal die Metropole Dubai mit ihren sich hochtürmenden Wolkenkratzern zurück. Zu später Stunde zu landen, ist kein Nachteil , weil sich ein endloses Lichtermeer in Dubai zeigt.
Nach einer kurzen Nacht, starten wir in Abu Dhabi unser Programm.
Was man wissen muss, um die Stadt Abu Dhabi zu verstehen: 90 Prozent der Erdöl- und Gasvorkommen schlummern unter dem Sand des größten Emirates. In Abu Dhabi Stadt sehe ich während meiner Reise, wozu Petrodollars gut sein können. Längst erinnert (fast) nichts mehr an die einfachen Anfänge der Besiedlung in der Wüste, Bis in die 1960er Jahren lebten hier gerade einmal rund 40.000 Menschen, zum Teil ohne Kanalisation oder Anschluss an das Stromnetz. Das ist heute nicht mehr vorstellbar. Ganz gleich, ob ich mich an der Corniche, im Stadtzentrum, auf Saadiyat oder Yas Island oder im neu entstehenden Financial District umschaute – man steht inmitten der Architektur einer der modernsten Städte der Welt.
Wir beginnen unser Programm , wahrscheinlich wie die meisten Touristen, mit dem Besuch der Sheikh Zayed Grand Mosque. 2015 war ich schon einmal in dieser Moschee und kann mich sofort wieder erinnern: überall weisser Marmor ,über tausende Säulen, die so schön verziert sind mit bunten Kalligraphien aus Koranversen sind auch für einen Religionsmuffel wie mich, in Erinnerung geblieben. Langsam schlängele ich mich durch den Innenhof mit Blick auf dutzende Kuppeln, reflektierende Wasserbecken und einen makellos glänzenden Marmorboden im Innenhof. Den muss ich trotz Verbot natürlich kurz für ein Foto betreten und werde von Ali ,meinem Reiseleiter, streng ermahnt. Endziel in diesem Bau ist die Haupthalle mit einem monströsen Kronleuchter ( angeblich Svarowski). Während Ali viel Wissen an die Gruppe weitergibt, verziehe ich freches Ding mich in eine der dutzenden Nischen um mich auf den Teppich zu setzen und den wenigen anwesenden Betenden zu zusehen. Ich bin gar nicht so unreligiös und merke an solchen Orten, wie neidisch ich doch manchmal auf Menschen mit einem tief verankerten Glauben bin.
Für den nächsten Stop hole ich alter Kunstfritze meine Intelektuellenbrille heraus. Auf Saadiyat ( Arabisch " Insel des Glücks") befindet sich der Louvre von Abu Dhabi. Der französische Architekt Jean Nouvel hat sich nicht lumpen lassen, ein architektonisch einmaliges Gebäude zu erbauen, was mich schon bei Ankunft wie beim ersten mal 2015 gleich mitreisst. Diese endlose Flachkuppel , unter der sich das eigentliche Museum befindet ,hat sich leider nicht mal ansatzweise fotografieren lassen. Muss es auch nicht, dafür bin ich nochmal hingefahren um es mir anzusehen:-)
Drinnen zu bewundern gibt es eine Menge. Auch wenn man kein Kunstfreak ist.
Im Museum ist die größte Bandbreite von einfachen menschlichen Darstellungen aus der Zeit um 3000 vor Christus bis zur „Fountain of Light“ von Ai Weiwei zu sehen. Man spricht in Abu Dhabi voller Stolz vom ersten Universalmuseum in der arabischen Welt. .Ob "Monets", "Van Goghs " -und für mich besonders die "Jackson Pollock´s"- von allem ist etwas mit dabei.
Draussen zu bewundern gibt es ebenso ein Menge. Also verziehe ich mich wieder aus der Gruppe und setze mich an die zentrale Plaza- der Blick richtet sich nach oben auf das gewaltige Kuppeldach, was zu schweben scheint. Ich begreife hier schnell den künsterlischen Gedanken: eine schützende „geflochtene“ Haube, unter der sich einzelne Blöcke unterschiedlicher Größe in der Tradition einer Medina ( "Stadtteil") gruppieren. Zwischen den insgesamt 55 Blöcken dieser kleinen "Stadt" befinden sich Höfe, Passagen und mehrere breite Freitreppen zum Wasser. Man könnte sogar, wahrscheinlich als VIP, per Boot vorfahren! Die offenen Bereiche zum Wasser bieten Ausblicke auf das Meer, auf die Silos vor dem Hafen und im Hintergrund auf verschiedene Hochhausgruppen von Abu Dhabi City. Ich fühle mich bei meinem ersten Cappuccino des Tages und leichter Brise hier frei und ungezwungen. Das Wasser rauscht unentwegt und dank des netzartigen Stahlkuppeldachs reflektiert sich das hineinscheinende Sonnenlicht als weisse Punkte an den Fassaden, auf dem Boden und auf dem Wasser sieht es aus , als würde es langsam wandern. Langsam wird es Dunkel und da erkenne ich etwas, was mir hier bei meinem ersten Besuch nicht aufgefallen war:
Man kann bei dem Lichteinfall an Sterne denken, die früher die Nomaden in der Wüste geleitet hatten! Da die Konstruktion im Dunkeln angestrahlt wird, ist das wunderschön anzusehen! Ein ganz famoser Ort um einen Museumsbesuch auch mit einem zweiten Cappuccino perfekt zu machen!
Wir verlassen Abu Dhabi am folgenden Tag und machen uns wieder auf den Weg in die Megacity Dubai. Auf der Fahrt erzählt Ali interessantes, was ich nicht so auf dem Schirm habe: Dubai hatte nie soviel Öl und Gas wie Abu Dhabi. Vielleicht auch deshalb musste man sich hier schon frühzeitig eine "Exit-Strategie " für die Zeit nach dem Öl überlegen. Und vielleicht auch deshalb ist die Stadt heute, als Finanzzentrum und Touristenmekka, ein klein wenig kosmopolitischer als der große Bruder Abu Dhabi.
Das ist es nämlich wirklich! Eingecheckt und nichts ausgepackt gehts zum Dubai Creek, ein Meeresarm des Persischen Golfes. Hier, wo kleine Holzboote, Abras, seit jeher die Menschen von der einen Seite des Meeresarms auf die andere bringen, hat alles nämlich angefangen. Hier liegt Bur Dubai, der älteste und heute hervorragend restaurierte Stadtteil, Nach einer Bootsüberfahrt geht es mit der fahrerlosen Metro einmal entlang der Superbauten der vergangenen 20 Jahre: die künstlichen Inseln „The Palm“ und „The World“, die Marina von Dubai, der Burj al Arab, einem spektakulären Luxushotel, die 2005 eröffnete „Mall of the Emirates“ mit Ihrer Skihalle und vor allem dem Burj Khalifa, dem mit 828 Metern höchsten Gebäude der Welt.
Teetrinken im Burj al Arab haben wir uns gegönnt und ich muss sagen für ein Heidengeld wird ein Heidenzirkus unternommen um die Schönen und Reichen dieser Welt noch glücklicher zu machen. Mir hat der Tee geschmeckt und ein wenig hab ich mich wie eine kleine Prinzessin aus 1001 Nacht gefühlt:-)
Wir ziehen also nach der Teestunde zum aktuell höchsten Gebäude der Welt weiter. Einmal durch die intergalaktisch große Mall of Emirates geht es per Fahrstuhlfahrt hoch auf die 124. Etage. Die Fahrt ist schon Entertainment pur, denn um die Zeit bis nach oben zu überbrücken gibts einfach mal ein wenig Showprogramm an den Wänden und der Fahrtstuhldecke! Von der Besucherplattform ergiesst sich ein Meer an Wolkenkratzern , die dennoch im Vergleich zum Burj so winzig wirken. In der Ferne zeigt sich das eigentlich vorhandene dieses Landes- die Wüste...Alles in allem bin ich zwar begeistert von Dubai, aber es ist nicht das ,wonach sich eine Reisende wie ich sehnt. Weniger ist manchmal mehr und nein es muss nicht das höchste, das beste und das größte sein um mich zu fesseln. Es muss authentisch sein und das liebes Dubai , das ist dir leider abhanden gekommen. Natürlich ist es spannend eine Formel 1 Rennstrecke zu erleben und die vielen Freizeitparks mit Wahnsinnsachterbahnen und all den vielen anderen Attraktionen, aber es ist auch gut Traditionelles zu bewahren und seinen Gästen ohne Scham zu zeigen. Ich fahre ungern nochmal an einen Ort und denke, liebes Dubai,ich komme nicht wieder...
Also auf ins hoffentlich "authentische Arabien". Der Flieger von aus Oman dauert nur 1 Stunde und entlang der Küste fliegen wir in Richtung Muskat. Die Hauptstadt des Oman-der Name hat nichts mit der berühmten Nuss zu tun-erklärt mir am Flughafen nach der Landung Fuad, der Reiseführer und lacht dabei so herzlich. Nein, Muskat bedeutet Ort des Fallens ...Die Stadt selber liegt in einem Talkessel ,umgeben von Bergen und vermittelt sofort ein Gefühl für den Orient...Moscheen,Basare,Kamele mitten in der Stadt...ja hier merke ich sofort: fremde Düfte, fremde Sitten...ich bin angekommen in der so ersehnten fremden Welt, die ich ja unbedingt erleben will!
Absolut unerwartet und verblüfft bin ich vom Royal Opera House in Muskat als wir dort ankommen..nie im Leben hätte ich mitten in der Stadt vermutet, dass so ein wunderbarer Marmorbau errichtet wird um die feinen Künste anzutreiben..irgendwie bin ich auch erstaunt über meine Reaktion, als ob es woanders keine Klassik- und Theaterliebhaber geben könnte.Ich mag das dunkle Teakholz und die gemütlichen Sitze im Konzertsaal so sehr und flätze mich gemütlich hinein, weil gerade Theaterproben stattfinden und nein ich bin überhaupt kein Klassik oder Theaterkenner und finde es eigenartig dass mitten im Orient Proben für "Carmen" stattfinden...Diesem Punkt folgt der absolute Kontrast mit dem Besuch des Souq in der Innenstadt...der Orient hat so einen wunderbaren Geruch, überall riecht man den berühmten Weihrauch des Oman und zwischen Schnick schnack , Gewürzen und anderen Lebensmitteln trinke ich immer wieder Karak Tee-Gewürztee mit Milch. Der Tag endet mit leckerstem Lammfleisch ( für mich gab es Unmengen Baklava) und ner feinen Bauchtänzerin, die so untypisch omanisch ist, dass ich glatt aufstehen und meine nicht vorhanden Hüften mitschwingen muss.
Sachen gepackt fahren wir raus ins Umland und ziehen an einer kargen Landschaft vorbei, die plötzlich unterbrochen wird von grünen Oasen...das Wadi Bani Khalid auf...wahrscheinlich die schönste Oase im Oman! Schnell in den Bikini und ab ins kühle Nass, weil es traumhaft schon ist zwischen Felsenformationen und Palmen eine Runde zu schwimmen und sich treiben zu lassen.
Ausgeruht heisst es nämlich umsatteln vom Kleinbus auf Jeeps,denn : die Wüste ruft! Über riesige Dünen gleiten wir butterweich hinweg und der Sand weht sich in jede Ritze des Körpers.Wir ziehen an Kamelen vorbei und besuchen eine Beduinenfamilie,die als Nomaden durch die Wüste ziehen. Auch wenn es ein karges Leben zu sein scheint, ein wenig neidisch bin ich auf die Wärme und Gastfreundlichkeit der Menschen. Sie leben von der Hand in den Mund und wirken erfüllter als man glauben mag.
Den Sonnenuntergang genieße ich mit viel Wind und Sand im Haar. Es ergibt sich eine ausgelassene Stimmung und viele Fotos, weil die Wüste ein sich ständig veränderndes Muster mit fantastischem Licht zeigt...ich bin gar nicht so fotogen wie es scheinen mag-das ist NUR das Licht!
Die Nacht verbringe ich in einem Wüstencamp und nach Sonnenuntergang werden Wasserpfeifen aufgefahren. Am Lagerfeuer lausche ich den Klängen arabischer Musik und nein-heute tanze ich nicht mit, denn ich bin todmüde von der Brise des Wüstensandes, dass ich um 20 Uhr ins Bett falle...Ausschlafen ist bei meinen Reisen nicht vorgesehen, denn die Tage sollen bitte maximale Erlebnisse und Abenteuer werden.Also geht es weiter in das Landesinnere, vorbei an Zeltstämmen,Oasen in das Hadschar Gebirge.Eben nicht den Sand abgeschüttelt, fahren wir in Höhen um 3000m und da muss man schon mal ne Jacke anziehen, weil auch im omanischen Bergland im Dezember kalte Temperaturen herrschen!
Die Dörfer, an denen wir vorbeikommen, scheinen an den Felsen förmlich zu kleben und dennoch finden sich überall Obstgärten, die vom Falaj Wassersystem gespeist werden. Besonders angetan hat es mir das Bergdorf Bilad Sayd:ein atemberaubender Ort in malerischer Umgebung, denn es liegt an einer Bergschlucht zwischen hohen Bergen. Panoramablick pur!
Das Klima ist kühl und die tägliche Ration Karak Tee erlaubt es die Ruhe zu geniessen und ehrfürchtig sich die Natur anzusehen. Trotz Felsen und Schluchten zeigen sich immer wieder kleine grüne Oasen, die so lebensfroh wirken dass sich sofort Menschen dort angesiedelt haben. Die heissen Quellen am Fusse des Hadschar Gebirges laden sofort dazu ein, nach der Kühle in 40 Grad warmes Wasser zu springen. Familien picknicken und es herrscht ausgelassene Stimmung...ein wunderbarer Abschluss für den Einblick in den Oman!
Auf meinem Rückflug nach Frankfurt lasse ich nochmal die Tage Revue passieren. Ich revidiere ein wenig mein Bild von Dubai, aber bekräftige innerlich meine Begeisterung für den Orient...Der Oman war lange Zeit ein Geheimtipp für Individualreisen und ja das ist es schon noch weiterhin. Es herrscht noch kein Massentourismus und damit ist noch keine Übersättigung der Bevölkerung da. Die Menschen sind warmherzig und neugierig auch mit uns Fremden.
Ich freue mich über die vielen kleinen und großen Erinnerungen an diese Reise und mit weiterhin ein wenig Sand im Haar oder wo auch immer geht es nach Hause, wo es natürlich auch schön ist..:-)
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